Ja, aber…

An manchen Tagen habe ich meinen „aber“-Tag. Das ist ganz schön anstrengend. Ein „aber“ kann alles zerstören, was vorher war. So richtig fies. Es negiert Komplimente, verkehrt ein Lob ins Gegenteil und kann jedes liebe Wort auslöschen. In meinem Leben war das „aber“ zu manchen Zeiten recht mächtig. Fast jeder Satz begann damit, jeder Diskussionsbeitrag hatten einen „Ja,…, aber“-Aufbau. Puh… Hier wird sprachlich eine Haltung ausgedrückt, die ich in meinem Inneren gar nicht vertrete. Heute muss ich manchmal direkt lachen, wenn mir ein „aber“ rausrutscht, wo es gar nicht hingehört.

Linguistisch betrachtet,…

…leitet ein „aber“ einen Widerspruch im weitesten Sinne ein. Vor allem in Kombination mit dem „Ja“ wird eine Situation geschaffen, in der sich zwei Positionen gegenseitig ausschließend gegenüberstehen. Dabei bestätigen wir unser Gegenüber im ersten Teil „ja“, um dann unser eigenes Ziel zu verfolgen „aber“. Im ersten Moment erscheint uns das logisch. Denn meist wird das „aber“ sprachlich in den Situationen eingesetzt, in denen nur eine Version möglich scheint. „Du hast den Ordner aufgeräumt, aber nicht nach dem geforderten System“. Ist der Ordner aufgeräumt oder nicht? Nun, wahrscheinlich kommt beim Gegenüber an: „In meiner Welt hast Du den Ordner nicht aufgeräumt. Er ist immer noch unsortiert.“ Dabei war der erste Teil des Satzes vom Sprecher doch durchaus als Anerkennung der Mühe beabsichtigt.

Ohne „wenn und aber“

In Teams oder auch bei Menschen mit inneren Konflikten kann eine kleine Sprachübung helfen, diese ausschließende Haltung erst über die Formulierung und dann auch aus Überzeugung zu durchbrechen. Wichtig ist, dass im Team eine möglichst sichere Atmosphäre herrscht, wenn Sie die Übung durchführen. Es geht darum, scheinbar gegensätzliche Positionen nebeneinander zu bringen. Das heißt nicht, dass diese vereint sind, sondern dass sie nebeneinander existieren dürfen. Häufig wird der Satz durch ein „gleichzeitig“ bekräftigt. Bleiben wir beim obigen Beispiel und hören wie es klingt, wenn der Sprecher sagt „Du hast den Ordner aufgeräumt und gleichzeitig entspricht dies nicht dem geforderten System.“ Durch ein verbindendes „und“ bleibt der Raum offen, ins Gespräch zu kommen. Der Ordner ist gleichzeitig aufgeräumt und gleichzeitig nicht. Nun können beide gemeinsam klären, wie die Situation zu lösen ist. Und manchmal lässt sie sich gar nicht lösen, was emotional nicht einfach ist. Das auszuhalten, kann man üben.

…und…

Bitten Sie Ihre Teilnehmer*innen, sich paarweise zusammenzutun. Jede*r soll nun überlegen, was er*sie an dem anderen sehr schätzt und was vielleicht auch problematisch ist. Wichtig ist, dass auch die problematischen Aspekte wertschätzend vermittelt werden. Das setzt ein bisschen Übung und vor allem Vertrauen in die Gruppe voraus. Das kann dann so klingen „Ich schätze es sehr, wie Du Dich für mich und das Team einsetzt und gleichzeitig strengt es mich manchmal an, dass Du jede Anweisung von oben hinterfragst.“ „Ich liebe es, wenn es morgens schon nach Kaffee duftet, wenn ich in die Küche komme und gleichzeitig nervt es mich, dass Du nach dem Kaffee kochen die Kaffeefilter nicht entsorgst.“ „Ich schätze Deine offene, kommunikative Art und gleichzeitig wünsche ich mir in meiner Mittagspause auch mal Stille.“…

Sie werden erleben, dass es etwas Mut auf Seiten der Teilnehmer*innen erfordert, sich auf diese Übung einzulassen. Es kann auch durchaus sein, dass der ein oder andere Schlucken muss, bei dem was da auf den Tisch kommt. Lassen Sie die Emotionen geschehen und begleiten Sie die Gruppe eng bei dieser Erfahrung.

Aha!

Ich habe schon viele schöne Reaktionen und erhellende Aha-Momente mit dieser Übung erlebt. Wenn die neue sprachliche Regel einmal in einem Team eingeführt wurde, kann es helfen, sich in Meetings oder Diskussionen immer mal wieder gegenseitig daran zu erinnern. Maßvoll und nur wenn es auch passt. Denn es gibt Sie auch, die echten „Ja…aber..“-Situationen. Ich setze diese Übung in Teams ein, die schon etwas Erfahrung in der wertschätzenden Kommunikation haben. Gerade bei Gruppen, die nicht immer harmonisch zusammenarbeiten kann die neue Sprache sukzessive zu einer veränderten Haltung den Kolleg*innen gegenüber verhelfen.

Methoden-Moshpit

Wer schon einmal auf einem Punkkonzert war, kennt ihn: den Moshpit. Gerade war noch alles ruhig, plötzlich bildet sich vor der Bühne ein Kreis, in dem die Fans anfangen zu pogen. Meist bildet sich der Moshpit spontan, manchmal feuert die Band ihre Fans an. In der Regel wächst der Kreis und wer nicht mitmacht fliegt raus. Wer sich einlässt, erlebt ein sich immer neu ordnendes Chaos.

Im Methoden-Moshpit stelle ich Euch regelmäßig Methoden für Workshops, Teamarbeit oder aber auch einfach für Euren eigenen Lernweg vor. Methoden helfen uns, etwas in Gang zu setzen, zu ordnen oder auch durcheinander zu wirbeln. Am Ende steht auf jeden Fall immer eine Erkenntnis.

Natürlich gilt: Keine Erkenntnis ohne passende Musik. Deshalb stelle ich zu jeder Methode im Vorschaubild auch immer einen (für mich) passenden Songtext vor. Alle Lieder sammel ich auf meiner Spotify Playlist: Methoden Moshpit – Wer sitzt fliegt raus

Wenn Sie die Methoden allein oder in der Gruppe ausprobieren und auf Stolpersteine stoßen, melden Sie sich jederzeit gern bei mir!